Die neue BayBO – welcher Abstand gilt in Ihrer Würmtalgemeinde?

Am 01.02.21 ist die neue Bayerische Bauordnung (BayBO) in Kraft getreten. Durch sie soll nicht nur das Verwaltungsverfahren gestrafft, sondern auch das Bauen nachhaltiger, kostengünstiger, schneller und flächensparender gemacht werden.

Spätestens seit die Novelle am 02.12.2020 vom Landtag beschlossen wurde, erhitzt vor allem eine Regelung die Gemüter:

Das neue Abstandsflächenrecht.

Der Abstand zwischen zwei Gebäuden dient in Wohngebieten primär der Belüftung, Belichtung und dem sog. sozialen Abstand. Er betrug bislang 100% der Wandhöhe – bei einer 10m hohen Wand also 10m. Künftig soll er auf 40% bzw. in Industrie- und Gewerbegebieten auf 20% reduziert werden. Die Untergrenze liegt weiterhin bei 3m.

Mit der Neuregelung soll einerseits der große Bedarf an Wohnraum befriedigt, gleichzeitig aber der Flächenverbrauch möglichst reduziert werden. Da die Gemeinden teilweise eine zu starke Innenverdichtung fürchten, haben viele durch den Erlass einer entsprechenden Satzung grundsätzlich größere Abstandsflächen für ihr Gemeindegebiet festgelegt.

Was gilt künftig in welcher Würmtalgemeinde?

a) Gauting, Krailling, Neuried

Die Tiefe der Abstandsfläche muss hiernach abweichend von der neuen BayBO weiterhin grundsätzlich 100 % betragen. Sofern aber an mindestens zwei Außenwänden des Gebäudes 100% Abstandsfläche eingehalten werden, gilt:

Vor bis zu zwei Außenwänden genügen 50% Abstand, wenn die Länge dieser Wände 16m nicht übersteigt (sog. „Schmalseitenprivileg“). Der Mindestabstand von 3m ist in jedem Fall einzuhalten.

Der von Neuried definierte Geltungsbereich der Satzung ist dabei noch weiter gefasst als in Gauting und Krailling. In letzteren sind von der Geltung ausgenommen u.a. „Gewerbegebiete, Kerngebiete, Sondergebiete und der gesamte Außenbereich nach § 35 BauGB, es sei denn, es handelt sich um Geltungsbereiche nach § 35 Abs. 6 BauGB“.

Für die Berechnung der Wandhöhe ist in Gauting und Krailling vorgesehen, dass sie mit einem Drittel zu berücksichtigen ist bei Dächern mit einer Neigung von mehr als 45 Grad. Die neue BayBO berücksichtigt dagegen alle Wände mit bis zu einschließlich 70 Grad Neigung mit einem Drittel der Wandhöhe. Dächer mit einer Neigung von mehr als 70 Grad werden der Wandhöhe in allen Gemeinden mit 100% hinzugerechnet.

In Bebauungsplänen festgesetzte, von der allgemeinen Satzung abweichende Abstandsflächen bleiben in Gauting, Krailling und Neuried unberührt.

b) Gräfelfing

Gräfelfing sieht vorerst keine Notwendigkeit für eine Satzung mit eigener Abstandsflächenregelung. Die Gemeinde verfügt anders als andere Würmtalgemeinden über vergleichsweise junge Bebauungspläne, durch die nach Informationen des Bauamts zudem angemessene Regelungen für ca. 90% des Gemeindegebiets getroffen sind. Zum anderen wurde das Schmalseitenprivileg bereits bisher von vielen Bauherren so genutzt, dass die halbe Wandhöhe nicht zur Straße, sondern zum Nachbarn hin vorgesehen wurde. Mit einer sichtbaren Verdichtung durch die neue BayBO rechnet die Gemeinde daher derzeit nicht.

c) Planegg

Auch Planegg hat sich dafür entschieden, keine von der neuen BayBO abweichende Satzung zu erlassen; grundsätzlich sind also nur noch 40% der Wandhöhe bzw. in Industrie- und Gewerbegebieten 20% der Wandhöhe einzuhalten. Die Untergrenze liegt weiterhin bei 3m. Die Gemeinde geht dennoch derzeit nicht von einer störenden Innenverdichtung aus, weil geltende Bebauungspläne nach Aussage des Bauamts Baufenster vorsehen, die einen vergleichsweise großen Abstand vorsehen. Ob und inwiefern sich das Planegger Ortsbild verändern wird, wird sich wie auch in Planegg erst zeigen müssen.

Haben die Neuregelungen Zukunft?

Herrsching hat als einzige Gemeinde im Landkreis Starnberg auf den Erlass einer von den Grundsätzen der neuen BayBO abweichenden Satzung verzichtet. Grund hierfür ist die Annahme, dass derartige Satzungen einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten und die Gemeinden sich mit ihrem Erlass folglich regresspflichtig machen. Ob die von den Gemeinden in großer Eile erlassenen Satzungen Bestand haben werden, ist noch ungewiss.

Sicher ist indes schon jetzt, dass die gerichtliche Überprüfung nicht lange auf sich warten lassen wird. Schließlich geht es bei den im Münchner Süden und Südwesten liegenden Grundstücken ganz überwiegend um Grundstücke, mit denen im bundesweiten Vergleich Höchstpreise erzielt werden können. Schon wenn wenige Meter zusätzlich überbaut werden können, geht es um hohe Beträge.

Was bedeuten die Neuregelungen für Ihren Fall?

Nicht in jeder Gemeinde gelten die gleichen Regeln und innerhalb der Gemeinde kommt es darauf an, ob ggf. ein Bebauungsplan existiert. Abschließend kann Ihre Situation nur im Wege einer Einzelfallprüfung bewertet werden. Die Kanzlei Kerger mit Sitz in München und Gauting berät Sie umfassend.

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Dann bietet die Neuregelung z.B. die Chance, schneller als bisher an eine Genehmigung zu kommen.

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Die Kanzlei Kerger informiert regelmäßig auf http://www.kanzlei-kerger.de. Ein Interview zum Thema mit Rechtsanwältin Friederike Kerger finden Sie zudem unter https://www.unser-wuermtal.de/nachrichten/artikel/gebaeudeabstaende-im-wuermtal-unterschiedlich-geregelt-11090.html

Zu Ihrem individuellen Vorhaben beraten unsere Experten Sie gerne unter 089/ 7411 85 240.