Die Genehmigungsfiktion der neuen Bayerischen Bauordnung (BayBO)
Hauptziel der BayBO Novelle ist die Vereinfachung der Schaffung neuen Wohnraums. Neben dem geänderten Abstandsflächenrecht (Die neue BayBO – welcher Abstand gilt in Ihrer Würmtalgemeinde?) bedient sich der bayerische Gesetzgeber der folgenden weiteren Instrumente:
A) Genehmigungsfiktion
1) Regelungsinhalt
Mit Fiktion der Genehmigung ist gemeint, dass ein Wohnbauvorhaben (Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung zu Wohnzwecken), über das im vereinfachten Verfahren entschieden werden soll, dann als genehmigt gilt, wenn die Bauaufsichtsbehörde nicht innerhalb von drei Monaten über den Bauantrag entschieden hat.
Die Frist beginnt dabei drei Wochen nach Zugang des vollständigen Bauantrags bzw. drei Wochen nach Zugang der angeforderten Unterlagen zu laufen. Die Genehmigungsfiktion für Wohnbauvorhaben gilt etwas zeitversetzt erst für ab dem 1. Mai 2021 eingereichte Bauanträge.
Auf Verlangen ist dem Antragsteller bzw. seinem Bevollmächtigten der Eintritt der Genehmigungsfiktion schriftlich zu bescheinigen. Auch Nachbarn, die dem Vorhaben nicht zugestimmt haben, können die Vorlage einer schriftlichen Bescheinigung verlangen.
Die Bescheinigung gibt den Inhalt der Genehmigung wieder und steht in ihrer Wirkung einer Baugenehmigung gleich. Für den Eintritt der Genehmigungsfiktion ist die Bescheinigung aber gerade keine Voraussetzung.
2) Rechtswidrige Bauvorhaben
Sofern der Bauantrag formal vollständig ist, tritt die Genehmigungsfiktion auch bei rechtswidrigen Bauvorhaben ein. In diesen Fällen bleibt der Verwaltung jedoch die Möglichkeit, die fiktive Genehmigung ggf. gemäß Art. 48 BayVwVfG (Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts) zurückzunehmen.
Sollte aus dem Bauantrag nicht bestimmt genug hervorgehen, was genehmigt werden soll, oder er andere gravierende Mängel aufweisen, ist es zudem denkbar, dass die fiktive Genehmigung in Einzelfällen nichtig ist.
Bauherren, die nicht auf die Genehmigungsfiktion zurückgreifen, sondern eine explizite Genehmigung erhalten möchte, können vor Ablauf der Entscheidungsfrist gegenüber der Genehmigungsbehörde erklären, auf den Eintritt der Genehmigungsfiktion zu verzichten.
3) Erwartete Wirkung
– Schnelleres Verfahren und bessere Planbarkeit für die Bauherren
Durch die vielerorts überlasteten Behörden erwarten wir durch diese Neuregelung in vielen Fällen eine merkliche Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens. In der Vergangenheit ist es wiederholt zu überlangen Bearbeitungszeiten gekommen, die für die Antragssteller und zunehmend auch für die Genehmigungsbehörden unzufriedenstellend waren.
– Entlastung der Verwaltung
Mancherorts wird die Novelle der BayBO auch zum Anlass für die Straffung verwaltungsinterner Abläufe genutzt. So hat z.B. die Stadt Nürnberg bereits bekannt gegeben, einfache Bauanträge, die offensichtlich keine wesentlichen Probleme aufwerfenin Zukunft regelmäßig „in die Fiktion laufen zu lassen“.
– Mehr Verantwortung bei Planern und Bauherren
Fest steht bereits jetzt, dass durch die Fiktionswirkung künftig deutlich mehr Verantwortung auf den Planern und letztlich auch auf den Bauherren lastet. Das ist der Preis, den die Antragssteller für die verkürzten Genehmigungsprozesse bezahlen müssen.
B) Weitere Verbesserungen
Die Regelungen der neuen BayBO ermöglichen zudem Nutzungsänderungen, Sanierungen, Aufstockungen und Ausbauten, die bislang wegen der vormals höheren Anforderungen unwirtschaftlich bzw. nicht möglich waren.
Beispiele:
Nutzungsänderung von Dachgeschossen zu Wohnzwecken
Diese werden genehmigungsfrei gestellt, d.h. anders als bisher ist künftig keine Genehmigung mehr nötig, wenn Dachgeschosse zur Schaffung von Wohnraum ausgebaut werden.
Entfall der Aufzugspflicht bei Aufstockungen
Bei der Aufstockung eines Wohngebäudes zur Schaffung von Wohnraum entfällt zudem die Pflicht zum Einbau eines Aufzugs, wenn der Aufwand unverhältnismäßig groß wäre. Bislang war ab einer bestimmten Gebäudehöhe ein Aufzug ohne Rücksicht auf den hierfür erforderlichen Aufwand vorgeschrieben.
Für die Beurteilung Ihres Einzelfalles stehen Ihnen unsere Rechtsanwälte gerne zur Verfügung. Rufen Sie uns für eine unverbindliche Anfrage gerne an unter 089/ 741 185 240.
An dieser Stelle geben wir Ihnen zudem alsbald Einblicke u.a. in das Thema „flexiblere Handhabung der Stellplatzpflicht durch die bayerischen Gemeinden zur Verwirklichung alternativer Mobilitätskonzepte“.
RAin Friederike Kerger, 24.03.2021